Ein Freund, ein guter Freund
Das ist das Beste, was es gibt auf der Welt
Ein Freund bleibt immer Freund
Und wenn die ganze Welt zusammenfällt
Hast du wahre Freundschaft jemals kennengelernt? Weiß du was das ist: einen guten Freund haben, den man Bruder nennt und selbst so einer zu sein?
„Bro“ und selbst „Bruder“ sind im heutigen Sprachgebrauch in ihrem Bedeutungswert weit gesunken. Besonders in der jüngeren Generation spricht man häufig schon flüchtige Bekannte damit an. Ich wurde schon von Leuten so angeredet, die ich vorher noch nie gesehen hatte! Wieso nennt man jemanden „Bro“, wenn man nicht zu einem richtigen Freund spricht? Meine direkte innere Reaktion waren diese Gedanken: Ich kenne dich nicht und ich bin schon gar nicht dein „Bro“. Dieser Gebrauch machte mich wütend, weil mir der Wert und die Bedeutung einer wahren brüderlichen Freundschaft sehr wichtig sind.
Wieso ist das so wichtig?
Dein Verständnis der Bedeutung des Wortes „Bro/Bruder“ oder eben einem Freund, bestimmt maßgeblich, welche Freundschaften du zu suchen pflegst und welcher Freund du sein willst. Man muss es sich erst verdienen Freund und Bruder genannt zu werden. Freundschaft ist mit brüderlicher Liebe verbundene Loyalität, die sich unter Beweis gestellt hat. Es gibt da dieses alte Sprichwort aus dem Buch Jesus Sirach: «Vertraue keinem Freunde, du habest ihn denn erkannt in der Not».
Wenn es dir gut geht, du erfolgreich bist und bei dir etwas zu holen ist, dann wirst du von Menschen umringt. Aber wenn dir alles wegbricht und du nichts mehr hast, dann schau wer mit dir schweigend in der Not sitzt und zu dir hält, auch wenn dich alle verlassen.
Der berühmte König David erlebte tiefe Momente der Verlassenheit in seinem Leben. In einem seiner Psalmen verfasste er folgende Zeilen:
HERR, sei mir gnädig, denn mir ist angst! Mein Auge ist trübe geworden vor Gram, matt meine Seele und mein Leib. Denn mein Leben ist hingeschwunden in Kummer und meine Jahre in Seufzen. Meine Kraft ist verfallen durch meine Missetat, und meine Gebeine sind verschmachtet. Allen meinen Bedrängern bin ich ein Spott geworden, eine Last meinen Nachbarn und ein Schrecken meinen Freunden. Die mich sehen auf der Gasse, fliehen vor mir. Ich bin vergessen im Herzen wie ein Toter; ich bin geworden wie ein zerbrochenes Gefäß. Denn ich höre, wie viele mich verleumden: Schrecken ist um und um! Sie halten Rat miteinander über mich und trachten danach, mir das Leben zu nehmen. Psalm 31, 10-14
Diese Worte zeugen von dem absoluten Tiefpunkt, den David erlebte. Wie dankbar konnte er sein, in diesen Momenten einen wahren Bruder, einen wahren Freund zu haben. Dieser Freund war der Königsohn Jonatan.
Wie sich die Kraft dieser Freundschaft in den Kämpfen des Lebens erprobte und was diese Freundschaft bedeutet, eröffnet uns einen großen Horizont über das Thema Männerfreundschaften.
Ein Freund sein wie Jonatan
Das biblische Vorzeigemodell einer wahren Freundschaft, ist das brüderliche Band zwischen David und Jonatan. Lasst uns gemeinsam erkunden, warum diese Freundschaft so tief war und was wir von Jonatan lernen können. Er hat Freundschaft gelebt und soll unser Vorbild sein!
Als David aufgehört hatte, mit Saul zu reden, verband sich das Herz Jonatans mit dem Herzen Davids, und Jonatan gewann ihn lieb wie sein eigenes Leben. Und Saul nahm ihn [David] an diesem Tage zu sich und ließ ihn nicht wieder in seines Vaters Haus zurückkehren.
Und Jonatan schloss mit David einen Bund, denn er hatte ihn lieb wie sein eigenes Leben. Und Jonatan zog seinen Rock aus, den er anhatte, und gab ihn David, dazu seine Kleider und sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel. 1.Samuel 18,1-4
Zu Beginn der Freundschaft, die zwischen David und Jonatan entstand, war vor allem Jonatan der Handelnde. Anhand von Jonatans Taten können wir aus dieser Passage drei wichtige Lektionen lernen:
I. Hingabe und Opfer
Als David das Spielfeld betritt, ist er ein absoluter Niemand. Er ist ein einfacher Hirte. Er ist nicht aus einer bedeutsamen Familie, ist jung und hat nicht viel vorzuweisen. Erst durch seine spätere große Heldentat im Kampf gegen den Riesen Goliath bekommt er einen Namen in Israel. David besiegt im Vertrauen auf Gott Goliath und gewinnt die Gunst des Volkes. Es scheint offensichtlich zu sein: Gott ist mit ihm.
Noch viel mehr ist geschehen. Ohne die Kenntnis des von Gott verworfenen Königs Saul, wurde David als junger Kerl vom Propheten Samuel zum neuen König gesalbt.
Genau jetzt wird es spannend, denn Jonatan ist demütig und hat weder Gedanken des Neides noch der Konkurrenz. Er beginnt keinen Machtkampf, sondern gewinnt David als Freund lieb, obwohl David Jonatans rechtmäßigen Platz einnehmen wird. David war ein gesellschaftlicher Niemand, ein Hirte – Jonatan ist der Königssohn und der Thronanwärter. Wie anders hätte er reagieren können? Wer war dieser Jüngling aus dem Kuhkaff Bethlehem, der seinen Platz streitig machen wollte …
Es scheint als ob Jonatan David mit Gottes Augen sieht und dem HERRN liebend vertraut, sodass er sogar dazu bereit ist, den Thron einem anderen zu überlassen. Diese Freundschaft funktionierte nur, weil beide Freunde Männer Gottes waren.
Was die beiden verband, war stärker als das, was die beiden trennte: sie waren beide starke Kämpfer und liebten Gott! Ihr tatkräftiger Mut, ihre charismatische Führungspersönlichkeit und ihre leidenschaftliche Lebensweise brachten die beiden zusammen.
Wir können von Jonatan lernen, dass wahre Freundschaft Hingabe und Opfer bedeutet. Mehrfach wird betont, dass Jonatan David liebt, wie sein eigenes Leben – was für ein starker Ausdruck. Er zeigt Jonatans Bereitschaft für seinen Freund alles zu geben. Eine krasse und passende Aussage Jesu im Neuen Testament ist:
„Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ ―Jesus von Nazareth
II. Großherzig Geben
Wie sehr Jonatan David als Freund liebt, demonstriert er zu Beginn durch die Abgabe seiner persönlichen Kleidungsstücke und Waffen. Jonatan ist freigiebig, großherzig und denkt nicht zuerst an sich. Durch diese edlen Geschenke spricht Jonatan David sehr große Ehre zu.
Es handelt sich bei diesen Gegenständen um sehr persönliches und identitätsstiftendes Gut. Rock, Kleider, Schwert, Bogen und Gürtel des Königssohns.
Was sich hinter dieser nahezu rituellen Handlung verbirgt, zeigen die Exegeten:
„Es ist fast ein Wegschenken seiner selbst als solch ein Zeichen vorbehaltloser Verbundenheit und äußersten Vertrauens.“ (Kommentar von H.J.Stoebe)
Jonatan ergreift die Initiative als gesellschaftlich weit höher gestellte Person und stellt David durch diese Geschenke auf Augenhöhe. Der Wert dieser Tat war für David von unglaublicher Bedeutung.
Freundschaft bedeutet zu Geben und nicht zu Nehmen. Es kommt selbstverständlich beides zum Zug, aber deine Aufgabe als Freund ist nicht darauf zu schauen, wie viel der andere gibt, sondern wie viel du dem anderen geben kannst.
Jonatan lässt sich diese Freundschaft sehr viel kosten: Während sein Vater scharenweise tödliche Kommandotrupps losschickt, die David eliminieren sollen, trifft er sich heimlich mit dem vom König erklärten Staatsfeind Nummer 1.
Damit kommen wir zum letzten Punkt.
III. Treue
Jonatan ist treu! Das Geheimnis ihrer Freundschaft, waren die Bündnisse, die sie miteinander schlossen.
Es fällt uns heutzutage schwer etwas mit dem Thema eines Bundes oder eines Ehrenkodex anzufangen. Diese Begriffe scheinen veraltet und entsprechen nicht der gängigen aktuellen Mainstream Kultur. In der Bibel finden wir jedoch fast ausschließlich Beziehungen, die durch einen Bund gegründet werden. Das größte Beispiel ist das Volk Israel und die Beziehung mit dem einzigen Gott JAWHE. Jede Beziehung zu Gott ist immer eine Bundesbeziehung (Bsp.: Noah, Abraham, Mose). Am Ende der Bibel treffen wir auf Jesus, der mit allen Gläubigen – seiner Gemeinde – einen neuen Bund schließt.
Das besondere an einem Bund ist, dass man sich zu etwas verpflichtet. Es bedeutet so viel wie „to put skin in the game“ = Eigeninteresse zu schaffen, sich selbst in die Waagschale zu werfen. Damit riskiert man sein Selbst. Der Individualismus unserer heutigen Gesellschaft ist nahezu allergisch gegen Verantwortung und Verpflichtung. Am Ehebund kann dies bestens beobachtet werden. Warum einen Bund auf Lebzeiten vor Zeugen schließen? Man sucht lieber den leichten und unverbindlichen Weg, sodass man schnell den Abgang mit möglichst geringen Verlust machen kann, sobald es schwierig wird.
Aber ein Bund ist ein Versprechen. Einen Bund zu schließen ist eine absolut männliche Sache, weil man sein Ehrenwort gibt. Karl Mäser erklärt uns, was es mit dem Ehrenwort eines Gentlemans auf sich hat:
Sperre mich hinter Gefängnismauern aus Stahl und Granit. Es wird die Möglichkeit bestehen, dass ich auf eine Weise ausbrechen könnte. Male um mich einen Kreis mit Kreide und lass mich dir mein Ehrenwort geben, dass ich diese Linie niemals übertreten werde. Kann ich aus diesem Kreis herauskommen? Nein niemals, eher sterbe ich!
Jonatan und David schließen einen brüderlichen Bund und setzten ihr Leben und ihre Ehre in diese Freundschaft. Sie gehen dabei Verpflichtungen für den anderen ein, wobei Gott ihr Zeuge ist.
„Die übernommenen Verpflichtungen entsprechen denen der Blutsverwandtschaft: Jeder haftet für das Leben des anderen, ist also zu jeglicher Unterstützung bis hin zur Blutrache […] verpflichtet. Jonathan und David gelten nun rechtlich als Brüder.“ (Kommentar Fritz Stolz)
Es dauert nicht lange und diese Freundschaft wird hart auf die Probe gestellt. Die Freunde müssen gemeinsam eine echte Todesgefahr überstehen, den Saul ist nicht wie sein Sohn. Saul will David tot sehen.
Der Bund und Ehrenkodex zwischen den beiden Männern bestärkt ihre Freundschaft! Jonatan setzt alles aufs Spiel, um den Bund mit seinem Freund zu wahren und riskiert sogar den heftigen Zorn seines eigenen Vaters.
Daraus entsteht noch eine weitere Dynamik. Im Anblick der bestehenden Gefahr, zeigt sich die Tiefe der Freundschaft und bestärkt diese umso mehr. Jonatan bleibt seinem Freund treu, obwohl es für ihn leicht gewesen wäre, sich von David loszusagen, um die eigene Haut zu schützen.
„Gemeinschaftliche Gefahren erwecken gemeinschaftlichen Mut; sie knüpfen also das edelste Band der Männer, die Freundschaft.“ ―Johann Gottfried Herder
Auch ich habe in meinem Leben erfahren, dass es die herausfordernden Zeiten waren, die meinen Freundschaften zu starken Wurzeln verholfen haben. Es sind die gemeinsamen Abenteuer auf vielen Reisen, die Gefahren, in denen man sich auf den anderen verlassen musste und die Notzeiten, in denen man auf die Hilfe des Freundes angewiesen war, die das Fundament der Freundschaft gelegt haben.

Handlungsimpulse
Pack das Leben bei den Eiern, durch diese Tipps:
1) Unternimm erlebnisreiche Aktivitäten mit deinen Freunden, um deine Freundschaften zu stärken! Eine einfache Bergwanderung oder gemeinsames Camping mit Lagerfeuer sind gute Gelegenheiten, um eine Freundschaft aufleben zu lassen.
2) Schließt einen brüderlichen Bund. Die Indianer hatten die Blutsbruderschaft und wie das heute aussehen kann ist jedem selbst überlassen. So ein Bund kann wie eine Burgmauer der Freundschaft werden. Die Idee dahinter ist, dass man mit seinen wahren Bros einen Ehrenkodex ausmacht, an den man sich gemeinsam halten will und der das Fundament der Freundschaft zusammenfasst. Dabei kann man sich fragen, wie die Freundschaft aussehen soll und was die Werte der Freundschaft sind – und dann meißelt man den Kodex in Stein! Du wirst wissen: Für diesen Mann lege ich meine Hand ins Feuer und egal was kommt, ich weiß er gibt mir Rückendeckung.
Anhand von Jonatans Beispiel konnten wir sehen, was es bedeutet ein wahrer Freund zu sein. Es ist ein hohes Maß, an dem wir uns messen können, dass wir auf keinen Fall heruntersetzen dürfen.
Männerfreundschaften stehen auf dem Spiel!
Zu viele Männer haben kaum richtige Freunde und dümpeln alleine durch ihr Leben. Ein Mann braucht andere Männer! Was aber, wenn du so eine Freundschaft willst, aber niemanden findest, mit dem man eine gute und tiefe Freundschaft aufbauen kann?
An dieser Stelle müssen wir realistisch sein: Tiefgründige Freundschaften brauchen Zeit zur Reife, sonst wären sie eben nicht tiefgründig. Es müssen gemeinsame Erfahrungen gemacht werden und die Freundschaft muss sich auch Härtetests stellen. Nicht umsonst redet man von Freundschaften, die schon in den Kinderschuhen begonnen haben. Aber irgendwann hat jede Freundschaft angefangen. Lebe mit der Bereitschaft und Offenheit, dass neue Bekanntschaften zu Freundschaften reifen können.
Zuletzt wäre da noch ein wichtiger Ratschlag: Ergreife selbst die Initiative! Handle wie Jonatan, denn er war derjenige, der die ersten Schritte ging. Sei du der Freund, den du haben willst!

„Der beste Weg, einen Freund zu haben, ist der, selbst einer zu sein.“ ―Ralph Waldo Emerson
Zu Beginn lasen wir den Psalm von David, den er in Todesgefahr und größter Not verfasste. Wie Jonatan sich David in dieser Situation als wahrer Freund erweist und was die wichtigste Aufgabe eines treuen Freundes ist, das erfährst du im nächsten Teil dieser Serie.